Verfassungswidrige Beamtenbesoldung – was die neue Entscheidung aus Karlsruhe bedeutet

DHV ordnet die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein


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Die Frage, ob die Besoldung von Beamtinnen amtsangemessen ist, steht immer wieder auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand – und das Bundesverfassungsgericht präzisiert seine Rechtsprechung hierzu fortlaufend, zuletzt mit seinem grundlegenden Beschluss zur A‑Besoldung des Landes Berlin vom 17. September 2025 (veröffentlicht am 19. November 2025). 

Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Berliner Besoldungsordnung A für die Jahre 2008 bis 2020 mit wenigen Ausnahmen als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Die A‑Besoldung war in diesem Zeitraum überwiegend zu niedrig. Der Berliner Gesetzgeber muss die Besoldung nun rückwirkend neu ordnen und bis zum 31. März 2027 verfassungsgemäße Regelungen schaffen.

Was bedeutet „amtsangemessene Alimentation“?

Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz verpflichtet den Dienstherrn, Beamtinnen und Beamten – zusammen mit ihren Familien – einen Lebensunterhalt zu gewähren, der ihrer Funktion, Qualifikation und Verantwortung entspricht. Die Besoldung muss sich zugleich an der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung orientieren.

In der Berliner Entscheidung hat der zuständige Senat seine Prüfsystematik für die „amtsangemessene Alimentation“ weiterentwickelt. Anstelle des bislang herangezogenen Abstands von 15 Prozent zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau wird nun im ersten Schritt der Prüfung ein neuer Referenzwert angesetzt, nämlich 80 Prozent des Median‑Äquivalenzeinkommens (die sogenannte Prekaritätsschwelle).

Reicht die aktuelle Entscheidung über Berlin hinaus?

Unmittelbar betrifft der Beschluss aus Karlsruhe nur die Besoldung der Berliner Beamtinnen und Beamten der Besoldungsordnung A in den Jahren 2008 bis 2020. Betroffen sind in Berlin auch Teile des wissenschaftsnahen Personals, die in A‑Besoldungsgruppen eingestuft sind. Nach Auffassung des Gerichts ist das Besoldungsgefüge insbesondere in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen so nachhaltig gestört, dass sich dies mittelbar auch auf höhere Besoldungsgruppen auswirken kann.

Inwieweit die vom Bundesverfassungsgericht präzisierten Maßstäbe rechtlich auf die aktuelle Besoldungssituation von Beamtinnen und Beamten in anderen Bundesländern und Besoldungsordnungen durchschlagen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, lässt sich derzeit noch nicht verlässlich abschätzen. Der Deutsche Hochschulverband wird sich jedoch in Berlin und in den anderen Bundesländern dafür einsetzen, die Besoldung anhand der Vorgaben aus Karlsruhe nicht nur in der A-Besoldungsgruppe, sondern auch in der W-Besoldung zu prüfen und nachzujustieren. 

Wann können Beamtinnen und Beamte Widerspruch einlegen?

Halten Beamtinnen und Beamte ihre Besoldung oder Versorgung nicht für amtsangemessen, können sie Widerspruch hiergegen einlegen. Etwaige Ansprüche auf Nachzahlung von Besoldung und Versorgung unterliegen Fristen. Sie setzen eine zeitnahe Geltendmachung voraus. Beamtinnen und Beamte müssen Ansprüche gegenüber ihrem Dienstherrn jeweils in dem Kalenderjahr geltend machen, für das sie ihre Besoldung oder Versorgung als verfassungswidrig zu niedrig bemessen ansehen. Erfolgt dies nicht, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rückwirkende Behebungen eines später richterlich festgestellten Alimentationsdefizits durch den Dienstherrn grundsätzlich nicht erforderlich.