Gegen die Diffamierung der Hochschullehrer

Resolution des 47. Hochschulverbandstages 1997

Der Deutsche Hochschulverband sieht mit großer Sorge, daß nicht nur die Universitäten, sondern auch die Hochschullehrer als Berufsgruppe in den letzten Monaten zunehmend mit unsachlicher, zum Teil diffamierender Kritik überzogen werden. Das Zerrbild vom "faulen Professor", der seine Lehraufgaben vernachlässigt, in der Forschung außer reger Reisetätigkeit nichts vorzuweisen hat und vor allem an lukrativen Nebentätigkeiten interessiert ist, hat Einzug in das Meinungsbild weiter Teile der Öffentlichkeit gehalten.

Der Deutsche Hochschulverband verwahrt sich entschieden gegen Verunglimpfungen dieser Art und stellt fest:

Die Universitätsprofessoren sind nicht bereit, den Sündenbock für eine verfehlte Hochschul- und Finanzpolitik der letzten 20 Jahre abzugeben. Die schwierige Lage, in der sich die Universitäten zur Zeit befinden, beruht zuerst und vor allem auf ihrer chronischen Unterfinanzierung. Sie sind Opfer einer Politik, das Studium für immer mehr Studierende zu öffnen, ohne dies bezahlen zu wollen.

Die Politik hat ein erhebliches Interesse, Ihr eklatantes Versagen durch das Betreiben von Hochschulreformen zu überspielen. Auch das Drängen der Wirtschaftsverbände, die Hochschulreformen voranzutreiben, ist nicht zuletzt ein willkommenes Mittel, um von den eigenen Versäumnissen in der beruflichen Ausbildung junger Menschen (Lehrstellenabbau) abzulenken.

Die deutsche Universität verzeichnet seit 1980 einen Zuwachs der Studierendenzahlen von 80%. In demselben Zeitraum sind die Professorenstellen um 4,7% gestiegen. Der jährliche Fehlbetrag der deutschen Hochschulen wird auf 6 Milliarden DM beziffert. Trotz dieser katastrophalen Vorgaben ist es den Universitätsprofessoren gelungen, die universitäre Ausbildung durch Wissenschaft ohne qualitative Verschlechterungen aufrecht zu erhalten. Deutsche Hochschulabsolventen sind in allen Fächern international wettbewerbsfähig.

Die Behauptung, daß die universitäre Lehre schlecht sei, ist schon wegen der damit verbundenen Pauschalierung falsch. Die Kritik an der universitären Lehre richtet sich fast immer gegen die Professoren. Sie berücksichtigt viel zu wenig das zunehmend schlechter werdende Zahlenverhältnis zwischen Professoren und Studenten und die unzureichende Personal- und Sachmittelausstattung.

Trotz stets wachsender Lehr- und Prüfungsaufgaben und real sinkender Forschungs mittel haben die deutschen Universitätslehrer ihre Aufgaben in der Forschung nicht vernachlässigt. Die Ergebnisse ihrer Forschung können sich national und international sehen lassen. In vielen Fächern gehören die deutschen Forscher zur Spitzengruppe in der internationalen Forschung. Sie sind in Princeton, Harvard, Yale, Stanford, Oxford, Cambridge und anderen herausragenden Universitäten gern gesehene Gäste.

Nach unabhängigen Studien arbeiten Hochschullehrer weitaus mehr als 40 Stunden pro Woche. Durchschnittlich sind 50 bis 60 Stunden anzusetzen. Es gibt kaum eine beamtete Berufsgruppe, die seit Jahren diese überobligationsmäßige Leistung erbringt, ohne sich darüber zu beklagen oder gar einen finanziellen Ausgleich zu verlangen. Es gibt im ganzen Land überhaupt keine Berufsgruppe, die sich dafür auch noch laufend beschimpfen lassen muß.

Auch unter Professoren gibt es - wie in jeder anderen Berufsgruppe - "schwarze Schafe". Sie machen im Alltag der Universität nur einen unbedeutenden Bodensatz aus. Ihre Fehlleistung wird durch den engagierten Einsatz der weit überwiegenden Zahl fleißiger Hochschullehrer bei weitem wettgemacht.

Die Aufgaben der Zukunft können nur mit Hilfe der Wissenschaft gelöst werden. Wer die Träger der Wissenschaft diffamiert und unsachlich angreift, stört den Erneuerungsprozeß der Wissenschaft: Die fähigsten Köpfe werden sich anderen Berufen zuwenden und sind für die Wissenschaft verloren.

Wenn in allen Bereichen des öffentlichen Lebens so viel Einsatz, Motivation, Arbeitsfreude und Arbeitsmoral zu finden wäre, wie sie die ganz überwiegende Zahl der deutschen Universitätsprofessoren tagtäglich öffentlich unter Beweis stellt, wäre es um den "Standort Deutschland" besser bestellt.