Geschlechterunterschiedliche Vergütung in der Wissenschaft

I. Spielt das Geschlecht bei der Bezahlung in der Wissenschaft eine Rolle? Die Erfahrungen des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) in seiner Beratungspraxis (zwei von drei Berufungen in Deutschland werden vom DHV beratend und coachend begleitet) legen dies nahe. Auf Bitte des DHV hat das Statistische Bundesamt für das Jahr 2018 für die Professorenbesoldungsgruppen W1, W2 und W3 nach Geschlechtern getrennt den gewichteten Durchschnitt der monatlichen Bruttobesoldung ermittelt. Die tatsächlich bezogene Besoldung variierte zu Lasten der Professorinnen bei W3 um 690 Euro, bei W2 um 290 Euro und bei W1 um 130 Euro.

II. Nach Maßgabe der ermittelten Zahlen ist ein geschlechterabhängiger Besoldungsunterschied („gender pay gap“) belegt und nicht von der Hand zu weisen (Anlage). Die vorgefundenen Unterschiede bedürfen aber einer vertieften Interpretation. Es ist möglich, dass sie auf eine ungleiche Geschlechterverteilung in und zwischen
bestimmten Fächergruppen, auf einen unterschiedlich verteilten Familienzuschlag sowie auf unterschiedliche Verhandlungsstrategien beim Aushandeln von Leistungsbezügen oder auf andere Gründe zurückzuführen sind.

III. Um herauszufinden, ob und in welchem Umfang Leistungen in der Wissenschaft geschlechtsabhängig unterschiedlich vergütet werden und welche Faktoren einen tatsächlichen Einfluss haben und nehmen, fordert der DHV, folgende Maßnahmen zu ergreifen:
 

  1. Vergütungsbericht

    a) Die Hochschulen legen alle drei Jahre einen Besoldungs- und Entlohnungsbericht vor (Vergütungsbericht). Der Bericht weist, getrennt nach Tarif- und Besoldungsbereich sowie getrennt nach den Gruppen "Professorinnen/Professoren", "wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" und "nichtwissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" geschlechtsspezifisch die  Zahlungsaufwendungen des vergangenen Jahres nach (einmal alle drei Jahre).

    b) Überall dort, wo das Besoldungs-, Tarif- oder Arbeitsrecht neben einer Grundvergütung auch Prämien, Leistungsbezüge, Zuschläge und Einmalzahlungen vorsieht, werden diese nach Maßgabe der Geschlechter getrennt ausgewiesen.

    c) Für die Professuren wird für jeden Fachbereich das Gesamtbesoldungs- bzw. Bezahlungsvolumen, das tatsächlich bezogene Durchschnittsgehalt, dieses wiederum getrennt nach Geschlechtern, sowie getrennt voneinander die Berufungs- und Bleibeleistungsbezüge, die besonderen Leistungsbezüge, die Funktionsleistungsbezüge sowie die Forschungszulagen ausgewiesen.

    d) Bei der Datenerhebung und bei der Veröffentlichung ist auf eine vollständige Anonymisierung der Daten besonders zu achten. Rückschlüsse auf die tatsächliche gewährte Besoldung von einzelnen Personen (z.B. weil in einer kleineren Einheit nur ein oder zwei Personen eines Geschlechtes forschen und lehren) sind auszuschließen. Der Schutz der Betroffenen ist grundsätzlich höher zu bewerten als das Erkenntnisinteresse und die Vollständigkeit des Vergütungsberichts.

    e) Der Vergütungsbericht ist Gegenstand von Erörterungen innerhalb der Hochschule. Das Nähere bestimmt eine universitäre Satzung.
     
  2. Hinwirkungspflicht der Gleichstellungsbeauftragten

    Die Länder werden aufgefordert, in ihren Landeshochschulgesetzen als Aufgabe für die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen explizit eine Hinwirkungspflicht zu verankern, eine Besoldungsgleichheit von männlichen und weiblichen Beschäftigten mit Aufgaben innerhalb und außerhalb von Forschung und Lehre zu erzielen.
     
  3. Mehr empirische Forschung

    Bund und Länder werden aufgefordert, Forschungsprojekte anzustoßen und / oder zu finanzieren, die sich z.B. in Form von statistischen Analysen, mit dem Thema einer geschlechter(un)abhängigen Besoldungsgerechtigkeit befassen.

Beschluss des Präsidiums vom 13. Februar 2020 und Beschluss des Erweiterten Präsidiums vom 14. Februar 2020

Das Positionspapier samt Anlage als PDF