Koch: „Jetzt ist die Politik am Zug!“

DHV sieht in den Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Personalstrukturen im deutschen Wissenschaftssystem einen guten Aufschlag für weitere Gespräche.


Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Personalstrukturen im deutschen Wissenschaftssystem begrüßt, mit denen „Wissenschaft als Beruf“ in Zeiten eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels attraktiv bleiben soll. „Diejenigen, die sich auf den langen und gerade zu Beginn oftmals entbehrungsreichen Weg einer wissenschaftlichen Karriere begeben, zeichnen außerordentliche Leistungsbereitschaft und eine überdurchschnittlich hohe Motivation aus“, erklärte der Präsident des DHV, Professor Dr. Dr. h.c. Lambert T. Koch. „Zeitverträge, häufige Ortswechsel, gleichermaßen unsichere wie knappe finanzielle Rahmenbedingungen und somit im Ergebnis mitunter prekäre und nicht zuletzt familieninkompatible Lebensverhältnisse – das kann zermürben und schreckt in zunehmendem Maße ab. In der Folge verliert die deutsche Wissenschaft Talente ans Ausland und an den außerwissenschaftlichen Bereich; denn, um es auf den Punkt zu bringen: Es mangelt aktuell an verlässlichen, transparenten Karrierewegen sowie attraktiven Optionen für einen Verbleib in der Wissenschaft.“

Mit dem Wissenschaftsrat stimme der DHV darin überein, dass in der Wissenschaft stärker zwischen Qualifikation und Daueraufgaben unterschieden werden müsse. Richtig sei auch, bereits früh in der Postdoc-Phase in qualitätsgeleiteten Verfahren Entscheidungen über den Verbleib und die weitere Entwicklung im Wissenschaftssystem zu treffen. Die Bedarfe für Aufgaben in Lehre, Forschung oder Wissenschaftsmanagement, für die erfahrenes wissenschaftliches Personal in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen benötigt werde, seien je nach Fach und Standort verschieden. „Personalkategorien außerhalb der Professur sind dann attraktiv, wenn sie sich von der Professur unterscheiden und zugleich den Stelleninhaberinnen und Stelleninhabern größtmögliche Eigenständigkeit und hinreichende Entwicklungsmöglichkeiten bei attraktiver Vergütung bieten“, hob Koch hervor. Die Frage, ob sich das deutsche Wissenschaftssystem, wie vom Wissenschaftsrat befürwortet, verstärkt gegenüber den in anderen Wissenschaftssystemen üblichen Department-Strukturen, in denen es weniger formale Hierarchien gibt, öffnen solle, müsse vor diesem Hintergrund ergebnisoffen diskutiert werden. „Die Akzeptanz von Department-Strukturen ist nach Fach und Standort unterschiedlich. Ich halte es für wenig sinnvoll, sie dem System flächendeckend überzustülpen. Einen organischen Wandel hingegen, der die Organisationsmitglieder dorthin mitnimmt, finde ich begrüßenswert. Mehr Selbständigkeit und Autonomie für Stelleninhaberinnen und Stelleninhaber auf Positionen außerhalb der Professur sind allerdings durchaus auch dort denkbar, wo das Lehrstuhlprinzip zeitgemäß weiterentwickelt wird – offener, vernetzter, mit flacheren Hierarchien und der früheren Übertragung von Verantwortung. Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass mehrere Wege nach Rom führen“, so der DHV-Präsident.

In den Vorschlägen des Wissenschaftsrats sieht er eine gute Basis für weitere tiefgehende Erörterungen. Der Ball liege daher jetzt bei der Politik. „Bund und Länder müssen im Rahmen ihrer Regelungskompetenz Personalkategorien definieren und diese aufeinander abstimmen, zusätzliche Dauerstellen bereitstellen sowie Anreize schaffen, damit die Hochschulen und Forschungseinrichtungen von den erweiterten Optionen systematisch Gebrauch machen“, betonte Koch. „Ohne eine verlässliche Grundfinanzierung, das kann man nicht oft genug betonen, wird das nicht gelingen.“