Resolution des 51. Hochschulverbandstages

Erfahrungsträger/innen der Wissenschaft stärker in die Universität einbinden! (Resolution des 51. Hochschulverbandstages)

Die chronische Unterfinanzierung der deutschen Universitäten hat dazu geführt, daß den Studierenden in vielen Fächern eine zu geringe Zahl von Professoren gegenübersteht. Die sicher prognostizierbare große Zahl von Entpflichtungen und Pensionierungen in den kommenden Jahren auf der einen Seite und die Streichung von Professorenstellen auf der anderen Seite werden die bereits bestehenden Personalengpässe erheblich verschärfen. Zudem werden die gegenwärtigen Forderungen nach einer immer größeren Diversifikation des universitären Leistungsangebotes, besonders im Bereich der Aufbaustudiengänge und der Weiterbildung, den Bedarf an Professoren weiter wachsen lassen.
Vor diesem Hintergrund wäre es eine Verschwendung von Ressourcen, die Erfahrungsträger der Wissenschaft nicht in vernünftigem Umfang in die Aufgaben der Universität in Forschung, Lehre, Prüfung und Selbstverwaltung einzubinden. Hochschullehrer, die die Altersgrenze überschritten haben, finden neben der Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre ein reiches Betätigungsfeld in der Studienberatung, in der Weiterbildung, in der Organisation und Durchführung des Studium Generale, in der Arbeit mit Alumni und in der universitären Selbstverwaltung.

Der Deutsche Hochschulverband fordert die Bundesländer auf, „Hochschullehrerverträge" nach rheinland-pfälzischem Vorbild abzuschließen und diese so zu gestalten, daß die vereinbarten Vergütungen nicht auf die Ruhestandsbezüge anzurechnen sind. Diese privatrechtlichen Verträge schaffen nach Maßgabe des Votums eines Fachbereiches und abhängig von Lehrbedarf und Lehrsituation ohne großen Kostenaufwand zusätzliche Lehrkapazität. Dieses Modell macht es möglich, daß der ehemalige Lehrstuhlinhaber und sein Nachfolger für ein bis drei Jahre gemeinsam an einer Fakultät forschen und lehren. Auf diese Weise können offensichtliche Mängel der sogenannten Massenuniversität wie schlechte Betreuungsrelationen oder zu große Arbeitsgruppen gemildert werden, ohne daß dies zu Lasten des wissenschaftlichen Nachwuchses geschähe.

Der Deutsche Hochschulverband fordert die Bundesländer auf, eindeutig festzulegen, daß auch Hochschullehrer, die die Altersgrenze überschritten haben berechtigt bleiben, Drittmittel einzuwerben und drittmittelfinanzierte Forschung zu betreiben. Dementsprechend sollten auch die wissenschaftsfördernden Institutionen diesen Professoren ein uneingeschränktes eigenes Antragsrecht für die Drittmittelforschung zugestehen.

Der Deutsche Hochschulverband fordert die Gesetzgeber in Bund und Ländern auf, die Rechtsstellung der emeritierten und pensionierten Hochschullehrer sowie die derjenigen Professoren in den neuen Bundesländern die eine Rente erhalten, zu stärken. Universitätsprofessoren sind auch nach Beendigung ihrer aktiven Dienstzeit korporationsrechtlich Angehörige der Universität. Deshalb sollten sie an allen Qualifikationsentscheidungen ihrer Fakultät teilnehmen dürfen.

Der Deutsche Hochschulverband fordert den Bundesgesetzgeber dazu auf, der Besonderheit der Hochschullehrerberufe auch steuerrchtlcih angemessen Rechnung zu tragen. Von Hochschullehrer wird erwartet, daß er über die Altersgrenze hinaus weiter wissenschaftlich arbeitet. Das gebietet , seine Aufwendungen für Forschung auch steuerrechtlich als abzugsfähige Werbungskosten anzuerkennen. Ein Staat, der sich als Kulturstaat versteht, darf das wissenschaftliche Arbeiten seiner im ruhenstand stehenden Professoren steuerrechtlich nicht als irrelevante Liebhaberei abtun.

Der Deutsche Hochschulverband fordert den Bundesgesetzgeber dazu auf, zu dem in gleicher Weise modernen wie zukunftsweisenden Modell der Emeritierung zurückzukehren. Auch sollte von der Möglichkeit, den Eintritt in den Ruhestand bzw. die Emeritierung im dienstlichen Interesse auf Antrag hinauszuschieben, in stärkerem Maße als bisher Gebrauch gemacht werden, um flexible Altersgrenzen für Hochschullehrer zu ermöglichen (zum Beispiel zwischen Vollendung des 63. und des 68. Lebensjahres).

Der Deutsche Hochschulverband ruft die Universitäten und Fakultäten dazu auf, den Professoren auch jenseits der Altersgrenze als Angehörigen der Universität geeignete Arbeitsbedingungen zu bieten, damit sie auch nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst zur Entwicklung ihrer Hochschule beitragen können. Dazu gehört auch, sie in vertretbarem Umfang und nach Maßgabe der vorhandenen Mittel an den sachlichen und personellen Ressourcen der Universität teilhaben zu lassen.

Bonn/Saarbrücken, 28. März 2001