Zukunft der Medizinischen Promotion

Resolution der Arbeitsgemeinschaft

Zukunft der Medizinischen Promotion

Die Promotion bescheinigt in allen universitären Disziplinen die Befähigung zur eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit. Dies gilt auch für die Medizin. Zwar ist die Promotion für die ärztliche Berufsausbildung nicht notwendig. Für die berufliche Praxis kommt ihr aber als Qualifikationsnachweis nach wie vor große Bedeutung zu. Darüber hinaus ist sie die Regelvoraussetzung für eine Karriere in der Wissenschaft. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist eine der zentralen Kernaufgaben der Universität. Die Suche nach geeigneten Doktoranden sowie die Stärkung der Rolle und Bedeutung der medizinischen Promotion ist wesentlicher Bestandteil der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

1. Qualitätsaspekte der medizinischen Promotion

Die Qualität medizinischer Promotionen ist seit geraumer Zeit Gegenstand öffentlicher Debatten. Hierbei stehen Fragen im Vordergrund, welche die Promotionsverfahren und insbesondere die Qualitätssicherung betreffen. Im Mittelpunkt der Debatte steht dabei die Qualität der medizinischen Promotion. Aufgrund der überwiegend studienbegleitenden Promotion, des kurzen Promotionszeitraums von regelmäßig nicht mehr als zwölf Monaten sowie der relativ hohen Promotionsquote von über 50 Prozent seien medizinische Promotionen selten mit denen anderer Fächern vergleichbar. Auch international stehen medizinische Promotionen aus Deutschland in der Diskussion. So ist Voraussetzung für die Vergabe eines Nachwuchsstipendiums „Starting Grant“ des European Research Council (ERC) der Nachweis bisheriger Forschung. Dieser wird in der Regel durch eine Promotion erbracht. Promovierte deutsche Mediziner sind allerdings gehalten, weitere Forschungsleistungen, beispielsweise durch Publikationen oder Drittmitteleinwerbungen, nachzuweisen.

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin weist vor diesem Hintergrund auf die langjährigen Bemühungen vieler Medizinischer Fakultäten zur Hebung der Qualität medizinischer Promotionen hin. Der eingeschlagene Weg der Qualitätssicherung ist aber zu intensivieren. Ein Kriterium hierbei wird es sein müssen, medizinische Dissertationen nur für solche Themen zu vergeben, die einen substantiellen Beitrag zum wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt leisten. Zudem sollte eine Publikation der Ergebnisse grundsätzliche Voraussetzung sein.

2. Struktur der Medizinischen Promotion

Die Promotion in der Medizin muss stärker als in der Vergangenheit eine klar definierte forschungsorientierte Ausbildungsphase sein. Eine sachgerechte Strukturierung der Promotionsphase setzt eine zielgerichtete Bewerberauswahl und transparente Verfahren der Qualitätssicherung voraus. Durch Stipendien können zusätzliche Forschungszeiten innerhalb des Studiums ermöglicht werden. Korrespondierend damit sollte die Einhaltung der Regelstudienzeit als Leistungskriterium der Fakultäten bei der Bemessung der Landeszuführungsbeträge verändert werden. Die Verlängerung des Medizinstudiums durch eine Promotion darf nicht zu einer reduzierten Finanzierung der Fakultäten führen.

3. Anrechnung von Forschungszeiten auf die Weiterbildung

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin begrüßt, dass der wissenschaftliche Nachwuchs auch im Rahmen der Weiterbildung hinreichende Freiräume für die eigenständige Forschung erhält und Forschungszeiten auf die Facharztweiterbildung angerechnet werden können. Durch die Promotion an sich muss sich die Weiterbildungszeit nicht verlängern. Allerdings sollte anerkannt werden, dass gute Forschung nicht einfach nur neben der Weiterbildung realisiert werden kann und auch Forschungsabschnitte mit ausschließlicher Forschungstätigkeit erforderlich sind. Bei entsprechenden Stellenzusagen sollten beide Elemente sowohl inhaltlich als auch zeitlich berücksichtigt werden.

4. Vielfalt statt Uniformität

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin hält eine Vielfalt von Wegen zur medizinischen Promotion für nützlich. Der Beginn der Promotion kann bereits im Studium liegen. Daneben ist auch eine Promotion nach dem Studium stärker als bisher zu ermöglichen. Eine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses kann auch durch Graduiertenschulen und Graduiertenkollegs erfolgen. Durch den Wettbewerb um die besten Promovenden zwischen Graduiertenkollegs und universitären Doktorandenprogrammen sowie alternativen Wegen zur Promotion wird die Qualität der medizinischen Promotion gefördert.

5. Beibehaltung des Dr. med.

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin spricht sich dafür aus, den "Dr. med." als Regelabschluss der Medizinischen Fakultäten für Promotionen beizubehalten. Viele Fakultäten sind in der Vergangenheit dazu übergegangen, neben dem Dr. med. auch einen "Dr. rer. med." oder einen "Dr. nat. med." sowie einen "Ph. D." zu verleihen. Wenngleich diese Titel im Einzelfall für forschungsorientierte Quereinsteiger oder Nichtmediziner durchaus sinnhaft sein können, darf dies nicht in den Prozess einer Differenzierung zwischen wissenschaftsferneren und wissenschaftsaffineren Doktorgraden an Medizinischen Fakultäten führen. Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin sieht hierin eine schleichende Erosion der Medizinpromotion.

6. Verbesserte Betreuungsverhältnisse

Die Betreuung von Doktoranden gehört zu den Kernaufgaben der Hochschullehrer. Diese kann aber nur dann verantwortungsvoll wahrgenommen werden, wenn für die Betreuung der Promovendinnen und Promovenden ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Denn die Qualität der Betreuung ist auch von den zeitlichen Möglichkeiten der Betreuenden abhängig. Demgegenüber hat sich die Betreuungsrelation an deutschen Hochschulen in den vergangenen zehn Jahren stark verschlechtert. Bundesweit hat sich die Relation hochschulübergreifend seit 2005 im Durchschnitt von 54 auf 66 Studierende pro Professor verschlechtert. Dies ist im Zuge der Qualitätsverbesserung der medizinischen Promotion nicht weiter hinnehmbar.

7. Antragsberechtigung für Starting Grants ermöglichen

Um forschungsstarke medizinische Promotionen zu fördern, schlägt die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin dem European Research Council vor, zumindest mit der Promotionsnote "summa cum laude" benotete Promovenden wieder als originär antragsberechtigt im Rahmen der Starting Grants einzustufen.

Bonn, 30. Mai 2016


In der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin sind folgende Institutionen vereint:
 

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
    Präsident: Universitätsprofessor Dr. Rolf Kreienberg
  • Bundesärztekammer
    Präsident: Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery
  • Bundesvereinigung der Landeskonferenzen ärztlicher und zahnärztlicher Leiter von Kliniken, Instituten und Abteilungen der Universitäten und Hochschulen Deutschlands
    Vorsitzender: Universitätsprofessor Dr. Christian Ohrloff
  • Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht
    Präsident: Dr. Albrecht Wienke
  • Deutscher Hochschulverband:
    Präsident: Universitätsprofessor Dr. Bernhard Kempen
  • Marburger Bund
    Vorsitzender: Rudolf Henke
  • MFT Medizinischer Fakultätentag
    Präsident: Universitätsprofessor Dr. Heyo Kroemer