Zur Änderung der Semesterzeiten

Resolution des 59. DHV-Tages

Zur Änderung der Semesterzeiten

I. Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat vorgeschlagen, die Semesterzeiten an deutschen Hochschulen neu zu regeln (vgl. Empfehlung der HRK-Mitgliederversammlung vom 4. Mai 2007 Link ). Die Vorlesungszeiten (Kernzeiten der Lehrveranstaltungen) sollen unter Beibehaltung der geltenden Semesterwochenzahlen dem in Europa und den USA vorherrschenden Muster angepasst werden, um auf diese Weise die Mobilität von Lehrenden und Lernenden zu steigern. In einem Herbst-/Wintersemester, das den Zeitraum vom 1. September bis 28. Februar des Folgejahrs umfasst, sollen diese Kernzeiten am ersten Montag des Septembers beginnen und spätestens Mitte/Ende Januar enden. In einem Frühjahrs-/Sommersemester, das sich auf den Zeitraum vom 1. März bis 31. August erstreckt, sollen diese Kernzeiten vom ersten Montag des März bis spätestens Ende Juni reichen. Mit der Fixierung auf einen einheitlichen Anfang der Vorlesungszeiten und die offene Terminierung des Endes sollen den Hochschulen genügend Spielräume verbleiben, um lokale Besonderheiten zu berücksichtigen.

II. Ungelöste Folgeprobleme 

Die Umstellung der Semesterzeiten ist eine Entscheidung von erheblicher Tragweite. Es ist unstrittig, dass vor einem solchen Schritt eine Reihe von Folgeproblemen und Verfahrensfragen geklärt werden müssen:

1) Wenn das Wintersemester bereits am ersten Septembermontag beginnen soll, müssen den Hochschulen hinreichende Zeiträume für Zulassungs- und Auswahlverfahren der Studienanfänger gegeben werden. Die Abiturnote, die nach wie vor ein zentraler Indikator für die Prognose des Studienerfolgs ist, darf nicht entwertet werden. Alternative Modelle und Verfahren haben Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz bislang nicht vorgelegt.

2) Studierende müssen auch weiterhin Praktika ohne Studienzeitverlust durchführen können. Insbesondere für Lehramtsstudierende, die durch den Wegfall des Septembers als vorlesungsfreien Monat keine Schulpraktika wahrnehmen können, sind bislang keine Alternativen aufgezeigt worden.

3)  Der internationale Kongresskalender weist in vielen akademischen Disziplinen traditionelle Festlegungen auf. Die derzeitige Regelung ermöglicht eine Teilnahme deutscher Wissenschaftler an vielen internationalen Kongressen, ohne mit der Lehrverpflichtung an der Heimatuniversität in Konflikt zu geraten.

4) Es ist bislang nicht zu erkennen, dass bei einer Neuregelung der Semesterzeiten familiengerechte Regelungen erhalten blieben, die es Lernenden und Lehrenden mit Kindern ermöglichen, Ferienzeiten gemeinsam zu verbringen.

5) Durch den Wegfall des Monats September geht wertvolle Zeit verloren, in der günstige Forschungsbedingungen herrschen. Dies gilt umso mehr, als durch die Umstellung auf semestergenau angesetzte Module ein überproportionaler Anstieg der Hochschulprüfungen erfolgt ist, der notwendigerweise zu Lasten der Forschungszeit geht. Der Deutsche Hochschulverband hält es für dringend geboten, dass möglichst große Zeitblöcke vorlesungs- und prüfungsfreier Zeit erhalten bleiben, die ausschließlich für die gleichwertige Dienstaufgabe Forschung reserviert sein müssen.

6) Eine nachweisbare Behinderung des internationalen Austausches für Studierende hat die HRK nicht belegen können.


III. Asynchrone Semestertaktung beflügelt Mobilität

Die Harmonisierung von Vorlesungszeiten soll internationale Mobilität fördern, bewirkt tendenziell jedoch das Gegenteil. Die Zeitversetzung in den akademischen Kalendern hat es deutschen und ausländischen Wissenschaftlern bislang ermöglicht, kurzzeitige Gastaufenthalte anzunehmen, ohne ihre Semesterlehrverpflichtungen an der heimischen Universität zu vernachlässigen. Gerade der transatlantische Wissenschaftleraustausch lebt von der bisherigen asynchronen Semestertaktung, die Mobilität beflügelt und nicht behindert.

IV. Für eine Beibehaltung der bisherigen Semestereinteilung

Die Vorteile der bestehenden Reglung werden verschwiegen. Angebliche Vorteile der Neuregelung sind nicht belegbar. Die immer wieder angeführte "internationale Passfähigkeit" ist kein tragfähiges Argument. Nicht einmal die Nachteile der bisherigen Reglung und damit ein Reformbedarf sind nachweisbar. Demgegenüber sind die mit dem Vorschlag der HRK verbundenen Probleme von Gewicht und Bedeutung. Es fehlt an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den aufgezeigten Folgeproblemen. Lösungsansätze sind nicht erkennbar. Daraus folgt, dass der Deutsche Hochschulverband den Vorschlag ablehnt und die Länder auffordert, an der bisherigen Semestereinteilung festzuhalten.

Düsseldorf, den 31. März 2009